moin ihr lieben,
zig mal war ich bereits im gängeviertel – und jetzt ist es soweit… ich zeige euch mal ein paar bilder von dem ort der stadt, der mich direkt nach meinem umzug hier nach hamburg so neugierig gemacht hat… den ich für einen der buntesten und inspirierendsten der stadt halte – und an dem ich immer gern mal abtauche aus der cleanen welt drum herum. wenn auch nur als kurzzeitige besucherin, nicht als mitwirkende.
das gängeviertel ist uralt, drohte zwischenzeitlich zu verkommen, abgerissen zu werden und konnte doch von einigen findigen krativen und stadtrecht-aktivisten vor dem sicheren aus bewahrt werden, in dem sie es vor etwas mehr als 7 jahren besetzten – und blieben – weiterverhandelten, und so dieses letzte zeugnis der städtebaulichen besonderheiten, von denen hamburg einst durchzogen war, schlicht retteten und ihm ein neues gesicht gaben.
aber fangen wir vorne an – mit einem rückblick.
das hamburger gängeviertel – ein rückblick
rund um den michel, runter zum hafen und bis weit in die neustadt drängten sich früher die wohnquartiere der armen- die gänge waren verschachtelt, und aus heutiger perspektive würden wir wohl sagen, im 19. jahrhundert waren weite teile des riesigen gängeviertels sozial und hygienisch betrachtet ein slum. muffig, feucht und düster stellen wir uns (vermutlich sehr zutreffend) diese zeit vor.
an die 100.000 menschen lebten zwischenzeitlich in den damals 3 gängevierteln. der klitzekleine rest in der nördlichen neustadt, den die mutigen und kreativen köpfe vor rund 7 jahren vor dem sicheren abriss bewahrten, ist also wirklich winzig – im vergleich zur ursprünglichen größe. das komplette übrige gängeviertel fiel nach und nach ab ca- 1900 den spitzhacken und abrissbirnen zum opfer.
tatsächlich sollten wir die zeit, in der die gänge noch vollständig waren, wohl rückblickend nicht romantisiert betrachten. es war ein gewirr von gängen, gassen, twieten und höfen in dem das elend zuhause gewesen sein muss.
bis vor mehr als 100 jahren also sahen viele hektar von hamburgs alt- und neustadt so aus und bestimmten das bild unserer hansestadt.ich habe mir in einem antiquariat einen fotoband von 2 fotografenbrüdern besorgt, die das historische hamburg zeigen. die bilder sind faszinierend und geben zum beispiel einblick in das gängeviertel nach der choleraepedimie. (johann und heinrich hamann, das lebenswerk einer fotografenfamilie, erschienen bei chtistians)
schön also, dass der erhaltenen teil rund um die caffamacherreihe mittlerweile unter denkmalschutz steht. das ermöglicht uns einen klitzekleinen einblick in die lebens- und bauweise dieser zeit.
rund um den hamburger hafen lebten früher die hafenarbeiter im gängeviertel
und um mal was maritimes zu berichten: im hafennahen gebiet des gängeviertels, dem heutigen portugiesenviertel, wohnten damals aufgrund der nähe zu ihrem arbeitsplatz sehr viele hafenarbeiter, wie schauermänner, ewer- und jollenführer oder schiffszimmerer.
oder wusstet ihr beispielsweise, dass 1833 johannes brahms im gängeviertel geboren wurde?
zeitsprung – die phase rund um die besetzung des gängeviertels 2009
nach den vielen jahren, in denen die noch bestehenden häuser sich selbst überlassen wurden, als spekulations-objekte vor sich hin verfielen und hin und her verkauft wurden, ohne der historischen bedeutung gerecht zu werden, schlug 2009 dann eine initiative vor, die leerstehenden häuser musiker*innen, künstler*innen, handwerker*innen und existenzgründer*innen zur verfügung zu stellen. damit sollte verhindert werden, dass die häuser weiter verfallen – mal abgesehen von der lösung für das problem bezahlbaren wohn- und kunstraumes in hamburg.
am 22.08. 2009 besetzten also rund 200 künstler*innen und unterstützer*innen die 11 häuser rund um den valentinskamp. das aktionsbündnis „komm in die gänge“ wurde noch 2009 zum „gängeviertel e.V.“ um der stadt gegenüber juristisch agieren zu können.
die gruppe der nutzer*innen des gängeviertels legten schon 2010 der stadt ein ausgefeiltes nutzungskonzept vor – es wurde gerungen und verhandelt – überwiegend wohlwollend von der presse begleitet und schließlich einigten sie sich, die aktivist*innen und die stadt… und zwischen speckstraße, valentinskamp und caffamacherreihe entstand eine lebendige kunst und kultur- initiative… und die initiative rettete somit den letzten rest des ehemals riesigen gängeviertels vor spekulanten und flächensanierung.
das gängeviertel heute – bunt, lebendig, alternativ – mindestens einen besuch wert
so richtig deutlich wird mir die historische dimension, wenn ich mich in der unmittelbaren nachbarschaft des gängeviertels umsehe… das abendblatt residiert dort, das umfeld ist von glas- und betonfassaden bestimmt… und dann wirkt es immer leicht märchenhaft, in diesen historischen rotklinkerbereich mit den schiefen mauern und aus der zeit gefallenen fassaden abzubiegen und an diesem quietschbunten ort zu sein.
ausstellungen über urbane wohnformen, vernissagen, konzerte, clubnächte, siebdruckwerkstätten, …. das gängeviertel ist lebendig und kulturell aufgeladen. die homepage gibt auskunft über das alter der häuser, ihre urspüngliche verwendung (wie die des jupihauses, des kupferdiebehauses, der kutscherhäuser...)
viele prominente, wie z.b. die band fettes brot, zeichnen seit 2010 anteile der gängeviertel genossenschaft, die maßgeblich den erhalt und die nutzung der häuser sicherstellen will. so steht auf der hompage der genossenschaft, dass sie sich engagieren, „damit sie [die gänge] ein nicht-kommerzieller, politischer, künstlerischer und sozialer ort für alle sein können. ein ort, an dem arbeiten und wohnen sich mischen und menschen aufeinander treffen, die sonst wenige berührungspunkte hätten. kurz: ein ort, den es so in hamburg – und gerade in der innenstadt – nicht gibt.“
es ist jederzeit möglich, das gängeviertel auf eigene faust zu erkunden.
das geht super zu fuß aus richtung gäsemarkt. wenn ihr interessiert seid an hintergründen und geschichtlicher einordnung, kann ich die geführten rundgänge empfehlen, zu denen ihr euch unter rundgaenge(at)das-gaengeviertel.info anmelden könnt.
einkehren geht super im café nasch, einem veganen café, dass wechselnde mittagskarte anbietet und über das euch harriet, vom blog fräulein anker hier mehr erzählt – sie hat nach unserem besuch dort das viertel und das café liebevoll portraitiert.
also, habt spaß ihr lieben, never stop exploring – erkundet eure städte!
ich liebe es!
ahoi für heute sagt eure anja